Was nichts kostet, ist nichts wert?

2nd Mai 2009Blog, , , , ,

Die Washington-Post hat ein interessantes Experiment durchgeführt: der mit dem Grammy-Award ausgezeichnete Violinist Joshua Bell spielte in einer Washingtoner U-Bahnstation als Straßenmusikant verkleidet 6 Werke von Johann Sebastian Bach. Diese Werke konnte man wenige Tage zuvor auch während einem seiner Konzertes im Boston Theatre für einen durchschnittlichen Kartenpreis von 100 Dollar hören. Die zentrale Frage dieses Experiments war: inwieweit nehmen die Passanten in einer ungewohnten Umgebung Talent war und schätzen dieses auch? Das Straßenkonzert begann an einem Freitag zur Stoßzeit um 7:51 Uhr; hunderte Menschen strömten während dieser Zeit an ihm vorbei. Es dauerte 3 Minuten, bis der erste Passant für einen Moment stehenblieb, um dann aber doch weiter zu eilen. Ein 3jähriger Junge war der erste aufmerksamse Zuhörer, der jedoch rasch von seiner Mutter zum Weitergehen aufgefordert wurde. Die Bilanz nach 45 Minuten: 6 Passanten blieben stehen und horchten eine Weile zu, 20 gaben ein Trinkgeld und gingen aber gleich weiter. In Summe hatte Joshua Bell 32 Dollar verdient. Ein ernüchterndes Ergebnis finde ich. Wenn man keine Zeit hat, um zu bemerken, wie einer der besten Violinisten klassische Meisterwerke zum Besten gibt, wie viele Dinge mögen einem dann noch entgehen, die einem gar nicht bewusst sind? [youtube http://www.youtube.com/watch?v=hnOPu0_YWhw?wmode=transparent] Nachtrag: wahrscheinlich wär ich auch nicht stehen geblieben…das gibt mir zu denken 😉

7 Comments RSS-Kommentare

  1. Mewy (04.05.2009, 01:37).

    Mal ganz ehrlich: ist es denn den Menschen zu verübeln, wenn sie nicht stehen bleiben? Gerade in einer U-Bahn-Station, da herrscht die Hektik. Wenn ich in eine U-Bahn gehe, dann nur, weil ich von einem Ort zum anderen kommen muss, und in der heutigen Zeit hat man im Normalfall eh schon Stress genug, um alles in rechter Zeit zu schaffen. Ich wäre auch nicht stehen geblieben.

  2. Mewy (04.05.2009, 02:37).

    Mal ganz ehrlich: ist es denn den Menschen zu verübeln, wenn sie nicht stehen bleiben? Gerade in einer U-Bahn-Station, da herrscht die Hektik. Wenn ich in eine U-Bahn gehe, dann nur, weil ich von einem Ort zum anderen kommen muss, und in der heutigen Zeit hat man im Normalfall eh schon Stress genug, um alles in rechter Zeit zu schaffen. Ich wäre auch nicht stehen geblieben.

  3. Robert (04.05.2009, 03:34).

    Grundsätzlich stimme ich dir schon zu, allerdings: wieso muss immer alles stressig und hektisch sein? Die Frage ist ja, was einen dazu antreibt, alles effizient und in kürzester Zeit zu erledigen. Wenn man es selber will, um dann z.B. mehr Freizeit zu haben, ok. Wenn diese gewonnene Zeit allerdings wieder nur als verwendet wird, um noch mehr erledigen zu können, dreht man sich im Kreis. Ich glaube halt, dass man manches auch ruhiger und ohne Hektik erledigen könnte – vorausgesetzt, alle würden einen Gang runterschalten. Naja, aber so einfach ist es halt leider nicht immer…

  4. Robert (04.05.2009, 04:34).

    Grundsätzlich stimme ich dir schon zu, allerdings: wieso muss immer alles stressig und hektisch sein? Die Frage ist ja, was einen dazu antreibt, alles effizient und in kürzester Zeit zu erledigen. Wenn man es selber will, um dann z.B. mehr Freizeit zu haben, ok. Wenn diese gewonnene Zeit allerdings wieder nur als verwendet wird, um noch mehr erledigen zu können, dreht man sich im Kreis. Ich glaube halt, dass man manches auch ruhiger und ohne Hektik erledigen könnte – vorausgesetzt, alle würden einen Gang runterschalten. Naja, aber so einfach ist es halt leider nicht immer…

  5. Ghley (25.05.2009, 21:38).

    Hier haben viele Faktoren einfluss. Zum einen, dass schon erwähnte Problem: der Ort. Geübte Strassenmusiker platzieren sich einerseits in der Shopping Zone, wo Menschen sind die sowieso Geld los werden wollen und Zeit haben, oder in der Nähe von Imbissbuden etc. da die Brieftasche schon offen in der Hand liegt. Das andere Problem ist die Musik, nicht jeder mag klassische Musik, besonders nicht in der heutigen Zeit wo Pop-Musik und andere eher billig produzierte Hits das rennen machen UND ein sehr grosser Teil hört sowieso seine eigene Musik wenn er unterwegs ist (was bei mir der Fall wäre)Strassenmusik muss die Masse treffen damit auch Geld reinkommt, oder halt per Mitleidsfaktor (gut spielen aber schrecklich angezogen sein oder vielleicht auch mal mit nicht gewaschene Haare etc.)Die Masse machts und die Masse ist leider grösstenteils nicht fähig gute Musik zu erkennen sondern nur Musik wo sie mitjaulen können wenn sie schon paar Bier intus haben.

  6. Ghley (25.05.2009, 23:38).

    Hier haben viele Faktoren einfluss. Zum einen, dass schon erwähnte Problem: der Ort. Geübte Strassenmusiker platzieren sich einerseits in der Shopping Zone, wo Menschen sind die sowieso Geld los werden wollen und Zeit haben, oder in der Nähe von Imbissbuden etc. da die Brieftasche schon offen in der Hand liegt. Das andere Problem ist die Musik, nicht jeder mag klassische Musik, besonders nicht in der heutigen Zeit wo Pop-Musik und andere eher billig produzierte Hits das rennen machen UND ein sehr grosser Teil hört sowieso seine eigene Musik wenn er unterwegs ist (was bei mir der Fall wäre)Strassenmusik muss die Masse treffen damit auch Geld reinkommt, oder halt per Mitleidsfaktor (gut spielen aber schrecklich angezogen sein oder vielleicht auch mal mit nicht gewaschene Haare etc.)Die Masse machts und die Masse ist leider grösstenteils nicht fähig gute Musik zu erkennen sondern nur Musik wo sie mitjaulen können wenn sie schon paar Bier intus haben.

  7. Klaus Schedlberger (18.09.2009, 19:35).

    Das Dilemma der heutigen sog. “schnelllebigen” Zeit ist doch Folgendes: Wir sind ja sooo was pseudogestresst und genervt und haben irrationale Probleme mit dem Zur-Ruhe-Kommen. Wegschauen ist halt die Spezialität des modernen Menschen des 21. Jahrhunderts (siehe Fall “Fritzl” in Österreich, S-Bahn-Tottreter in München – Liste ließe sich beliebig lang fortsetzen). Man kann es “Mitdenkern” eigentlich nicht verübeln, wenn sie bewusst keine Kinder mehr in diese Ich-fixierte Welt stellen wollen. Da können die Politiker ihre Gesichter noch so sehr in Sorgenfalten legen – diese Masche funktioniert gottlob nicht mehr. Die Zeit der systemerhaltenden Nichts-Hinterfrager ist vorbei!